Ein Prozent waren 136 Seiten auf meinem Handy, macht in der Summe 13.600 Seiten; abzüglich der vielen Stammbäume der Häuser Lannister, Stark, Targaryen usw. waren es am Ende vielleicht 12.000 Seiten a song of ice and fire. Nun bin ich mit Teil fünf (a dance with dragons) fertig. John Snow hat vier Messerstiche abbekommen und stirbt vielleicht, Daenerys steht mit ihrem Drachen Drogon einer halben Hundertschaft dothrakischer Reiter gegenüber, die ihr bestimmt nichts Gutes wollen, im Epilog hat Varys, der Eunuch, Kevan Lannister mit der Armbrust gekillt, was Cersei wahrscheinlich wieder aus ihrer (vorgespielten) Lethargie holen wird. Stannis Baratheon ist von dem Widerling Ramsey Bolton getötet worden. Man kann nicht sagen, dass das Gute gewinnt oder auf der Siegerstraße wandelt, aber was heißt schon: das Gute?

Es war für mich, neben allem wohltuenden Scheißen auf politische Korrektheit, das Faszinierendste an diesen Büchern. Wer waren in meinen Augen die erwartbaren Guten? Eddard Stark – schon am Ende des ersten Teiles geköpft; seine Frau Catelyn Stark (die stets das Gute wollte, was aber ständig nach hinten losging) – irgendwo mittendrin auf der Roten Hochzeit massakriert – ihr und Eddards Sohn Robb desgleichen; Bran Stark – der als dreiäugige Krähe endet, die durch die Zeit reisen kann und so einen Blick auf die ewig gleiche Welle des Lebens gewinnt; im Grunde alle Starks, die am Ende in alle Winde zerstreut oder tot sind. Dass sie die erwartbaren Guten sind, liegt wahrscheinlich daran, dass sie im ersten Teil die Hauptrolle spielen; an den direwolfs, die sie am Anfang finden, und von denen jedes Kind einen bekommt, und die ihr Schicksal irgendwie spiegeln.

Andererseits gewinnt das Böse in Gestalt der Lannisters so wohltuend menschliche Komponenten. Denn auch sie werden schwer gebeutelt. Und stehen am Ende des fünften Teiles genauso zerstreut da, wenn auch noch mit einem größeren Heimathafen, der den Starks in Form von Winterfell ja völlig abhandengekommen ist. Da fällt mir auf: in Casterly Rock spielt die Geschichte nicht ein einziges Mal, höchstens in Form von Erinnerungen eines jeden Lesers Lieblings-Lannisters Tyrion. Der Autor konnte so den Ort nicht kaputtmachen.

Das Buch sagt: es gibt keine Guten und die Bösen von heute sind die Guten von morgen und vice versa. Ich als gelernter DDR-Bürger wusste das zwar schon lange, aber schön, es so unterhaltsam serviert zu bekommen. Nun warte ich auf den sechsten Teil – und wenn ich meine Furcht davor, dass die HBO-Serie für mich runtergefilmt wirken könnte, überwinde, tröste ich mich vielleicht in der Zwischenzeit damit.

Allen Serienguckern seien auf alle Fälle die Bücher wärmstens ans Herz gelegt. Ist wie mit Stephen King: keine große Literatur, aber aufsaugend. Und: Valar morghulis. Die Zeit bis dahin kann man mit Lesen ganz gut verbringen.