Okay, mal was Lustiges, man muss sich doch auch in Zeiten von Corona, wo die BSR kaum hinterherkommt, früh die nächtens Umgekippten wegzuräumen, bevor die ersten Jogger ihre Ohrstöpsel … einstöpseln und ihre Fitness-App anwerfen, um die kühlen Morgenstunden zu nutzen, vor dem Homeoffice was für die Gesundheit zu tun,

mal freuen dürfen.

Harald Schmidt schafft das schließlich auch. Ich weiß nicht, wie der das macht, immer so Themen des kleinen Mannes entspannt rüberzubringen bei Spiegel … Plus, wo doch seine abgeschlossene Vermögensbildung (Originalzitat) einigermaßen ins Wanken geraten sein dürfte, denn wie lange wird es dauern, bis die Sozen auch die Villen der Gutbetuchten requirieren wollen, um dort ein paar Intensivbetten aufzubauen.

Sein Aktiendepot dürfte schließlich schon jetzt des Namens nicht mehr würdig sein und wie lange Bargeld noch … nun ja … seinen Zweck erfüllt, wo die Rationierung nicht mehr weit ist.

In Bangladesch sind jetzt mehr als vier Millionen arbeitslos, die bisher unsere Engbers- und Armani-Hemden genäht haben. Die orientieren sich doch alle neu. Die stehen doch nicht mehr zur Verfügung, wenn wir feststellen, dass es bei H&M nichts mehr zu kaufen gibt, dass ich selbst bei Tchibo meine Unterhosen und –hemden nicht mehr kriege. Aber:

Spiegeltrinker lesen mehr

(war mal eines der wunderbaren Witzbilder von Peter Muzeniek – die älteren (Ossis) werden sich erinnern) … Rettung naht … in Gestalt von Christian Lindner.

Sie haben richtig gehört, dafür hat er sich aufgespart. Besser nicht regieren als schlecht regieren. Besser geniale Vorschläge machen als sie umsetzen müssen.

In einem Gastbeitrag in nämlichem Spiegel verkündet er die Rettung durch ein

Sieben(!)-Punkte-Programm.

Nach einem kurzen historischen Ausflug in die Zeiten der Entstehung des Wortes Quarantäne, was wir mittlerweile ungefähr zwanzig Mal gelesen haben, zeiht er die Bundesregierung der Bekämpfung des Virus mit mittelalterlichen Methoden, wo uns doch der zauberhafte Christian Lindner zur Verfügung steht.

Ein historischer Eingriff in unsere Freiheit fordere die politisch Verantwortlichen auf, schreibt er, den Normalzustand so schnell wie möglich wieder herzustellen und nicht den Ausnahmezustand zu normalisieren. Man beachte, wie clever er diese Wortverdrehung benutzt, um seinen hoffentlich desinfizierten Finger in die Wunde zu legen.

Wir können unsere Freiheit aber zurückgewinnen, wenn wir tun, was Christian uns sagt. Nämlich: wir müssen smart die Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen. Und hier sind sie:

die sieben Schwaben, … nein, … die sieben Todsünden …, nein, auch nicht, … die sieben … nein! Ich sage nicht Zwerge an dieser Stelle, denn Christians Vorschläge sind alles andere als zwergenhaft. Es sind

die sieben Traumpfade aus unserer Hölle.

Erstens brauchen wir die Tracing App.

Das geht zu langsam. Christian würde die smarten Start-ups einbinden. Warum macht der Spahn das nicht? Im selben Spiegel stand zwar, dass ein paar von diesen Start-ups wieder abgesprungen sind, weil … nun ja … die Privatsphäre … ähm … gefährdet … uuuh. Aber auf solche scheinbaren Gewissensbisse fällt der Vorsitzende der Freiheitlichen Demokraten in Zeiten des nationalen Notstandes doch nicht herein. Die Tracing App würde mich dauernd anpiepen, wenn ein infiziertes Smartphone in der Nähe ist. Das hätte den Nachteil, dass ich in den Flugmodus gehen müsste, wenn ich das Haus verlasse, weil ich ja sonst glaube, mein Hörbuch strotze nur vor F-Wörtern, so oft, wie das piept.

Christians zweiter Weg aus der Hölle ins Paradies ist die

Diagnose App. Daten spenden.

Frage mich schon lange, wann die Idee endlich kommt. Freue mich schon auf die Spendenbescheinigung fürs Finanzamt. Wir sollten unsere Gesundheitswerte und Symptome in einer vertrauenswürdigen, von Christian Lindner persönlich konzipierten und überwachten App einpflegen, inklusive eines persönlichen Anrufs von Christian (denn der hat ja Zeit), wenn ich mich in Selbstisolation begeben muss. Finde ich Klasse. Besonders wenn ich mit meiner Frau — mmmh, sagen wir mal … spazieren gehe, würde die App mir anzeigen, wann es genug ist und ich wieder nach Hause darf, weil ich mit jedem Schritt tiefer in eine Risikogruppe hineinwachse.

Drittens braucht jeder Mann und jede Frau die Zoning App

Früher hatte das Wort Zone ja mal einen ranzigen Beigeschmack, aber heute … man würde erfahren, ob man jetzt in eine Hochrisikozone oder eine Zone mit besonders vielen schutzbedürftigen, sprich alten und gebrechlichen, Personen einreitet, ob sich also der Enkeltrick hier lohnt oder nicht. Viele alte Menschen sehnen sich nach ihren Enkeln, und da sie nicht mehr gut hören und oft auch nicht mehr richtig sehen, nehmen sie faktisch jeden an.

Die vierte App auf dem Weg zum Glück ist die Immun-App.

Damit kann sich der bereits Genesene und so Immunisierte ausweisen und sofort hoheitliche Aufgaben für systemrelevante Bereiche übernehmen, zum Beispiel in Altenpflegeheimen vorlesen oder eine Gerichtsverhandlung weiterführen, Autos abschleppen lassen wollte ich schon lange mal, auch einen Dieb festnehmen. Es braucht dafür dann keine Dienstmarke mehr, der Nachweis der Antikörper per Immun-App reicht.

Dann brauchen wir natürlich die Hilfe-App,

Punkt fünf auf Christians Liste der Wunderwege aus der Krise. Für vulnerable Personen. So heißen Hilfsbedürftige heute. Eine App, die besonders alten Menschen, die noch niemals ein Smartphone in der Hand gehabt haben, mit klaren Ansagen, wo sie ihr Hörgerät abgelegt haben, das Leben erleichtern wird. Auch tröstende Worte sind denkbar, wenn die Einsamkeit den Risikobehafteten zu schlimmen Gedanken treibt. Wir wollen doch nicht, dass der sich was antut.

Sechstens brauchen wir eine Beschaffungs-App.

Ja, nicht einschlafen! Wachsam sein wie Christian! Den betrügerischen Geschäftemachern, die mit der Not der Menschen wuchern, muss damit das Handwerk gelegt werden. Jede Atemmaske weltweit bekommt eine Identnummer und wann immer sie eine brauchen, wird ihnen eine zugewiesen. Das geht dann über ihre Steuer-ID. Da kann man auch kontrollieren, ob Sie immer dieselbe Maske benutzen und so ihren deutschen Volkskörper ins Risiko führen, oder sich nach drei Wochen auch mal eine neue umhängen. Und siebentens müssen wir allgemein

Deutschlands Digitalisierung vorantreiben.

Wenn Sie also irgendwo noch analoge Materie beobachten, melden Sie die Christian Lindner, der digitalisiert das für Sie. Stante pede.

Immer noch, beklagt er, gäbe es Informationsaustausch, der nicht über digitale Schnittstellen erfolgt. Wörtlich: Oftmals angeblich sogar noch per Fax! Ja gibt’s das denn? Per Fax. Da können sie doch gleich den alten Fernschreiber wieder einführen oder das Morsealphabet, oder am besten Rauchzeichen gen Himmel steigen lassen.

Aber Christian ist noch nicht fertig. Am Ende hat er noch ein Goodie für uns, denn natürlich müssen diese sechs Apps und die allumfassende Digitalisierung koordiniert werden. Es werden, schreibt er, wertvolle Daten generiert, mit denen künstliche Intelligenz (KI) trainiert wird, die dann einschränkende Maßnahmen zielgenauer dosieren kann.

Tja, was soll man dazu sagen?

Danke Christian.

An sich neige ich nicht dazu, überall eine Verschwörung zu wittern. Und an sich wollte ich auch was Lustiges schreiben. Jetzt sitze ich vor meinem Rechner, völlig erschöpft, und denke: hoffentlich wird der kleine Christian bald von Walter Moers auch weiteren, bisher nicht an Politik interessierten Bevölkerungskreisen nahegebracht. Dann hat er die Chance, als kleines Moerschen … Bundeskanzler zu werden und uns mit seinen Weisheiten jeden Tag zu beglücken, unser Leben lebenswerter und froher zu machen, wie wir das seit Jahrzehnten von der FDP gewöhnt sind.

Das Wort Lindnern würde seinen negativen Beigeschmack ablegen.

Und ich weiß auch jetzt, wozu das alles gut ist. Der Mensch sucht nach einem

Sinn

– und ich habe ihn dank Christian nun gefunden. Es geht darum, die letzten Reste Körperlichkeit zu opfern und uns endgültig mit unseren digitalen Endgeräten zu verbinden. Niemals wird ein Computervirus die Maschine-Mensch-Barriere überspringen. Niemals wird er uns antun, was uns dieses Fledermaus-Virus antut, niemals. Intensivstation wird nicht länger ein Schreckens(w)ort sein. Wir würden über Schläuche optimal ernährt und versorgt mit allem, was Christian für uns bereithält. All unsere Daten verbinden sich zu einer großen Intelligenz, die uns am Leben hält. Und wir können so oft Matrix schauen, wie wir wollen, ohne dafür die Augen öffnen zu müssen. Oder Vier Hochzeiten und ein Todesfall. Für alle, die solche Gruselfilme wie Matrix nicht aushalten.

Aber das entscheidet Christian.