Thomas Fischer

Im Recht – Einlassungen von Deutschlands bekanntestem Strafrichter

Wahrscheinlich ist es eine Schande, dass er mir erst jetzt im Zusammenhang mit Corona „über den Weg gelaufen“ ist, aber das tut dem Glück beim Lesen keinen Abbruch.

Gestolpert bin ich über Herrn Fischer beim Spiegel, wo er wöchentlich eine Kolumne schreibt – und es hat mich seine Abhandlung über das Virus und die Strafbarkeit seiner Verbreitung (oder auch nur der fahrlässigen Inkaufnahme einer möglichen Verbreitung) sehr beeindruckt, nicht, weil ich nun weiß, dass ich mich schlimmstenfalls des Mordes schuldig machen kann, wenn ich also jemanden in der Absicht (auf die es schon ankommt – die „innere Beziehung des Täters zu den objektiven Merkmalen seiner Tat“) ihn zu töten anniese (komisches Wort, aber Word verzichtet auf eine rote Kringellinie, also glaubt zumindest Bill Gates, dass es das Wort gibt, im Gegensatz zu Kringellinie, wie ich gerade sehe), und derjenige stirbt daran, dann ist es, Heimtücke und/oder niedere Beweggründe unterstellt, halt Mord, gibt bis 15 Jahre. Oder so.

Klugheit, Witz und klare Kante

Ich will nicht annähernd in den Verdacht geraten, Herrn Fischer die Selters reichen zu wollen oder ein „Urteil“ (haha) über seine Kolumnen oder dieses Buch (das aus Kolumnen besteht) zu fällen. Ich will nur sagen, dass mir die Mischung aus bodenständigem Humor (der Ironie, zuweilen Sarkasmus vom allerfeinsten einschließt) und juristischer Feinsinnigkeit das allergrößte Lesevergnügen bereitet hat und bereitet. Begleitet wird das alles von einer wunderbaren Klarheit, auch in der Äußerung subjektiver Meinungen, die mich beglückt. Ich kann ja hier nicht mit Zitaten um mich werfen. Ihr sollt das Buch lesen. Bei mir vermischten sich oft Wut und Zorn mit der Freude darüber, dass es jemanden gibt, der dieser Wut und diesem Zorn so eloquent Ausdruck verleiht.

Wenn er sich zum Beispiel über Recht und Terrorismus auslässt, und „unsere“ Berichterstattung darüber, dann falle ich vor Freude bald hinten über. Nehmen wir nur die Frage, warum wir diejenigen, die uns angreifen, hinterhältig und feige nennen. „Sie sind es nicht.“ Feige, so schreibt er, wäre wohl jemand, der eine satellitengesteuerte Drohne in eine Hochzeitsgesellschaft lenkt und dabei einen Burger frisst. Oder wer den Führerbunker rechtzeitig vor der Explosion der Aktentasche verlässt. (Hihihi)

Man freue sich an seinen Betrachtungen zum NSU-Prozess und den Nöten der bemitleidenswerten deutschen Nazis; oder über die Stellvertreterklagen von Opfervertretern, denen „in ihrem Leben nichts Schlimmeres zugestoßen ist als drei gescheiterte Liebesgeschichten und eine gestörte Mama-Beziehung“ (Kolumne „Lasst das Sexualstrafrecht in Ruhe“); die Abhandlung zur „Aufzucht von Strafrichtern“; alles ist eine Anhäufung von Scharfsinn, Witz und Gelehrsamkeit, die ihresgleichen sucht.