Joe Biden, der gute, alte Joe. Der sah so gut aus neben Obama. Ich habe es immer als Bild der Besänftigung des alten weißen Amerika empfunden. Gütig blickend hat er wie ein Baldrian-Tee gewirkt. Ehrlich, ich fand’s gut.

Nun wird er von dem abartigen Trump angefeindet, der offenbar um sich schlägt und beißt wie eine in die Enge getrieben Ratte. Hunter Biden, Joes Sohn Hunter (was für ein schöner Name, im Deutschen gibt es Jäger nur als Nachnamen) war im Aufsichtsrat eines chinesischen Investmentfonds und eines ukrainischen Gaskonzerns. Ob die Grenze zwischen in Washington üblicher Vetternwirtschaft und Korruption (Süddeutsche Zeitung) überschritten ist oder nicht, mag auch ich nicht beurteilen. Ich halte es eher für Haarspalterei, diese Grenze überhaupt zu ziehen.

Es ist ganz schön, und da bin ich Trump durchaus dankbar, anhand dieser Schlammschlacht mal wieder daran erinnert zu werden, worum es am Ende immer geht. Immer ging. Und immer gehen wird: ums Geld, um Macht und Einfluss. Auch mich würde interessieren, wie das gelaufen ist mit Biden, seinem Sohn und geschassten Staatsanwälten in der Ukraine. Ich werde es nie erfahren.

Aber irgendwie passt es zu dem Bild, das ich von Amerika habe, nicht zuletzt durch die mittlerweile dreijährige Lektüre (Klobuch) von Howard Zinns „A people’s history of the United States“. Ich nähere mich dem Ende. Gerade ist der Krieg gegen Panama dran, 26.000 Soldaten im Dezember 1989. Bombardierung von Panama City, hunderte, wenn nicht tausende zivile Tote, „nur“ wegen Manuel Noriega, den man nicht mehr leiden konnte (und dem Kanal wahrscheinlich, aber hauptsächlich Manuels wegen!). Mindestens so viele Tote wie beim Massaker am Platz des Himmlischen Friedens sechs Monate vorher.

Über das eine redet heute zumindest bei uns noch jeder, wahrscheinlich weil Egon Krenz es nicht so schlimm fand und weil es den dreißigsten Jahrestag gab, das andere haben wir alle schon wieder vergessen. Weil man von den Amerikanern auch nichts anderes gewöhnt ist. Nicht lange davor war es Grenada, wo 118 offshore-Banken (bei 7.500 Einwohnern) gerettet werden mussten.

Wenn wir jetzt alle jammern, dass Trump das schöne Nachkriegssystem schreddert, muss man auch mal sagen, dass es ein amerikanisches System war, in dem sich viele gemütlich eingerichtet hatten, in dem es viele aber auch echt hart erwischt hat. Und in dem der Krieg gegen den Terror das x-fache an Opfern fordert als der Terror selber. Und da geht mir Joe Biden echt am Arsch vorbei, auch wenn er so sympathisch rüberkommt und mit Sicherheit ästhetisch nicht so die Herausforderung ist wie Trump. Ändern wird er an dem System auch nichts.