Das Buch „2034 – a novel of the next world war“ ist mir vom Spiegel anempfohlen worden. So recht weiterempfehlen mag ich es nicht. Neuere Kriegsführungsmethoden (wie etwa die komplette Lahmlegung der gegnerischen Kommunikation und das perfekte Verbergen der eigenen Flotte) werden behauptet. Man erfährt nicht, wie die Autoren sich das vorstellen.

Alles andere ist technisch auf dem heutigen Niveau verblieben, im Gegenteil müssen die Amerikaner (die auf diese subtile Weise doch wieder als die clevereren dargestellt werden) auf alte Technik zurückgreifen, um so den Traum eines der Haupthelden des Buches, Major Chris „Wedge“ Mitchell wahr werden zu lassen, wieder old fashioned zu fliegen (und so die Atombombe über Shanghai doch abzuwerfen).

nettes Leben nach dem Atomkrieg

Außer diesem Haupthelden, der am Ende die Atombombe im Kamikazestil (also unter Selbstaufopferung) ins Ziel bringen muss und dabei den Heldentod findet, unter Zurücklassung eines völlig absurden Briefes („And if I have to do that thing, I want you to know I’m okay with it. If I’m the last in our family ever to fly, it makes sense that I’d have to give the most.”), wird allen anderen Akteuren ein ziemlich nettes Leben nach dem Krieg zuteil.

Ob sie nun um das Recht kämpfen, ein Kind adoptieren zu dürfen (Geschwaderkommandeurin Sarah Hunt) oder ins auf Entwicklungshilfeland-Niveau zurückgefallene Amerika als Helfer reisen (Dr. Sandeep Chowdhury), ob sie sie sich als Ruheständler darum bemühen, dass ihnen ein Eichhörnchen aus der Hand frisst (der Iraner Farshad, der am Anfang den gefangenen späteren Atombomberpiloten fast totschlägt – hätte er es mal getan!), oder ob sie weiter in den Streitkräften Karriere machen (der Russe Kolchak), es passiert den Helden nicht allzuviel. Nur den Chinesen geht es mit schöner Regelmäßigkeit an den Kragen (General Chiang oder sein Nachfolger Lin Bao). Sie werden bei der kleinsten Unregelmäßigkeit erschossen, hinterrücks noch dazu. Aber so sind die Chinesen halt, oder so werden sie sein, jedenfalls in der Vorstellung der Autoren.

Inder retten den Frieden

Witzig fand ich die Wendung, die die Inder in dem Buch vollzogen. Auch sie beherrschen die geheimnisvolle Technologie, mit der sie ihre Kriegstechnik unsichtbar machen können. Und sie nutzen sie, um jede Seite daran zu hindern, den nächsten Schlag zu führen. So sind die Inder in dem Buch am Ende die Guten, weil sie erst ein chinesisches Schiff versenken und dann die amerikanischen Hornets abschießen, bis auf die eine mit dem Kamikazehelden.

Insgesamt sterben in dem Krieg an die Hundert Millionen Menschen, obwohl nur taktische Atomwaffen (tactical nukes – klingt doch irgendwie süß, oder?) eingesetzt werden, not the doomsday stuff. Aber alle handelnden Personen bleiben davon seltsam unberührt. Sie fliegen weiter durch die Welt, bringen ihre Nächsten in Sicherheit, die Katastrophe ist immer woanders.

Am Anfang dachte ich, dass es ein cooles Buch wird, wie sie mit ihrem amerikanischen Flottenverband auf ein brennendes chinesisches Schmugglerboot hereinfallen, wie der Flug mit einem Stealthbomber am Rande des iranischen Luftraumes sich zu einem gefährlichen Zwischenfall ausweitet. Am Ende muss ich sagen: ein Bürokratenbuch, geschrieben von Sandkastenspielern.

böser Traum

Nicht mal die Spannung wird hochgehalten. Alle Konflikte wie zwischen dem Falken im Weißen Haus Wisecarver auf der einen und den Tauben Chowdhury und Hendrickson auf der anderen Seite werden nicht ausgefochten. Sie erledigen sich von selber, oder werden per Genickschuss (bei den Chinesen) aus der Welt geschafft.

Besonders die Kiss-off-Passagen am Ende sind ärgerlich. Als wäre nichts gewesen, widmen sich alle ihren Pläsierchen.

Trotzdem habe ich das Buch zu Ende gelesen, wahrscheinlich, weil es tröstlich ist, dass sich alles anfühlt, als wäre es nur ein böser Traum gewesen. So wie das Buch selber.