In einem der letzten Blogs habe ich mit einem grünen Diktator geliebäugelt. Grade höre ich von Henryk M. Broder, dessen erklärter Fan ich bin, dass ihm alle Aktivisten suspekt sind, weil sie mit totalitären Ideologien liebäugeln. Greta Thunberg und Carola Rakete sieht er als Avantgarde des neuen Totalitarismus. Und ich würde nie etwas, dass Henryk sagt, auf die leichte Schulter nehmen.

Aber er ist ein alter weißer Mann wie ich. Allerdings bin ich Totalitarismus-verseucht. Ich war in Teilen durchaus überzeugtes SED-Mitglied. Ich habe es also, wie man so schön sagt, mit der Muttermilch eingesaugt, dass ich höre (und danach handle), wenn man mir eine Ansage macht. Es muss aber eine fremde Ansage sein, also vom Chef, der Frau, der Tochter, einem Freund, diese Ebene. Eigene Ansagen funktionieren nicht halb so gut. Aber heutzutage macht mir ja nicht mal mehr mein Arzt eine richtige Ansage. Entweder muss ich mir im Internet zusammensuchen, was gesund für mich wäre, was seit Jahren ein ewiger Kampf mit mir selber ist, oder es findet sich endlich ein Ökodiktator. Weil was gesund für mich wäre, auch gesund für die Umwelt ist.

Weniger Fleisch zum Beispiel. Wegen meiner Gelenke habe ich Jahre daran gearbeitet, beim Bäcker nicht mehr reflexhaft das Metbrötchen zu kaufen. Solche Reflexe zu ändern ist hart. Gäbe es keine zu kaufen, würde ich gar nicht in Versuchung kommen. Wegen meines Herzens versuche ich nun, mich weniger fettreich zu ernähren. Was habe ich die Currywurst oder eine Bockwurst geliebt. Der Geruch, der von den Grillwalkern am Alex ausgeht, hat noch Jahre nach dem ersten Willen zur Veränderung Kaufreflexe in mir ausgelöst.

Ich durfte bei der Herstellung solcher Würste mal zusehen. Das war ein kleiner Fleischer, der nur absolut frische Zutaten verwendete, aber das Fleisch, das er da in den Wolf gab, würde ich nicht kaufen oder sonst zubereitet essen, siebzig Prozent pures Fett. Als Wurst (mit Senf) habe ich es massenweise zu mir genommen, obwohl auch dahinter eine Konditionierung stecken muss. Ich kann mich erinnern, dass mir als Kind von einer Bockwurst, die ich essen sollte (weil’s im Osten nix anderes gab – Achtung!!! Ironie!!!), sofort speiübel wurde.

Mir würde ein bisschen Totalitarismus beim Essen ganz gut bekommen. Allein wegen der Essenszeiten, wie zum Beispiel im Krankenhaus: 8 Uhr Frühstück, 12 Uhr Mittag, 15 Uhr Kaffee und Kuchen und 18.30 Uhr Abendessen und sonst nichts. Super. Zwar gibt es kaum einen Ort, an dem man ungesünderes Essen vorgesetzt bekommt als in einem Krankenhaus, schmeckt alles widerlich, aber das Prinzip würde mir gut gefallen.

Nie wieder grillen. Das wäre doch mal was. Nur noch Fleisch am Sonntag, dafür ausschließlich von glücklichen Kühen, falls eine Kuh zu Gefühlen des Glücks fähig sein sollte. Ansonsten darf es auch von einer deprimierten Kuh sein, wenn sie nur in Umständen gelebt hat, die es ihr möglich gemacht hätten glücklich zu sein.

Ein Diktator legt einfach einen Schalter um und dann ist das so. Für sich selber zu so einer Lebensweise zu kommen, dauert Jahre, wenn nicht Jahrzehnte. Man stirbt wahrscheinlich darüber.

Aber es ist möglich. Ab morgen, versprochen.